DER DEUTSCHE FERNSEHPREIS 2005: Sonderpreis der Stifter an Dietmar Schönherr

Forever young. Dietmar Schönherr zu Ehren.

Als er 1943 in Potsdam sein Abitur machte, wurde ich geboren.  Als ich ein junges, sehr junges Mädchen war, war ich rettungslos in ihn verliebt, ohne es zu wissen. Das heißt, ich war in James Dean verliebt, in James Deans Gesicht und in seine Stimme, und es dauerte eine Weile, bis ich begriff: das konnte ja gar nicht James Dean sein, der da sprach, der war doch Amerikaner! Es war natürlich auch nicht James Dean, es war Dietmar Schönherr. Und Jahre später, als ich mich in Thomas Crown alias Steve McQueen verliebte, war da schon wieder diese Stimme, aber inzwischen kannte ich Dietmar Schönherr natürlich längst: aus Filmen, aus dem Fernsehen, von seinen kühnen Shows mit dem Titel „Wünsch dir was“,  seinen unerschrockenen Talks in „Je später der Abend“ und von der Bühne. Einmal sah ich ihn im Theater als Liliom in Molnárs gleichnamigem Stück, und er war so zärtlich, so melancholisch, so trotzig, so wild und sanft, so ganz und gar wunderbar, daß ich tief verwirrt nachhause ging und über die Liebe neu nachdachte.

Sehr komisch fand ich dann denselben Dietmar Schönherr als Commander McLane in „Raumpatrouille“, und als aus diesen Folgen Jahrzehnte später ein Kinofilm zusammengestellt wurde und ich die Nachrichtenoffizierin Helma Krap spielen durfte, in den Film hineingeschnitten, um abstruse Übergänge zusammenhängend zu machen, da war ich endlich ganz persönlich bei ihm angekommen. Bei der gemeinsamen Arbeit an einer sechsteiligen WDR-Serie, die dokumentarisch in die 50er, 60er und 70er Jahre zurückführte, wurden wir endlich Freunde, saßen und redeten und lachten und nun, er war fast 75 Jahre alt, verliebte ich mich dann endlich auch in Dietmar Schönherr- eine sehr freundschaftliche Liebe, eine Liebe zu seinem warmen Lachen, seinem Humor, seiner Großzügigkeit, seinem wachen politischen Engagement. Damit meine ich nicht nur seinen bewunderswerten und jahrzehntelangen Einsatz in Nicaragua, sondern sein lebenslanges sich Einmischen da, wo es seiner Meinung nach hakt.  Heute wird er für sein Lebenswerk geehrt, noch vor sechs Jahren hat er in seiner Dankesrede für die Goldene Kamera die Namen von zwölf Künstlern verlesen, die die Nazis umgebracht haben und mußte sich dafür von der Zeitschrift „Bunte“ fragen lassen, warum er das schöne Fest gestört habe. Er wußte immer, was wirklich wichtig ist: die Wahrheit hinter den schönen Festen.

Dietmar Schönherr fragt nicht danach, was paßt oder was stört. Er war und ist immer bei sich selbst, er ist intelligent, kann denken und sagt, was er denkt. Er ist meilenweit entfernt vom selbstzufriedenen Schauspieler, der auf sein Lebenswerk zurückblickt und findet, daß er doch alles geschafft hat. Im Gegenteil: neulich erst klagte er, daß er wahrscheinlich den falschen Beruf ausgeübt hätte und viel lieber Entwicklungshelfer geworden wäre, nicht erst mit 59 Jahren. Das scheine ihm sinnvoller und besser als die Arbeit auf Bühnen und in Filmen.

Wir haben ihm für beides zu danken. Wir ehren mit Dietmar Schönherr einen Mann, der sich immer treu geblieben ist, der sich gar nicht verbiegen kann, dessen Stimme so weich und angenehm ist wie sein Herz und dessen Charakter so gerade und unerschrocken ist, daß wir uns davor nur verneigen können. Daß Dietmar Schönherr den Preis für sein Lebenswerk bekommt, wird ihm persönlich wahrscheinlich gar nicht besonders viel bedeuten. Aber es ist eine lobenswerte Entscheidung der Jury. Er hat das Kino, das Theater und das Fernsehen mit seiner unverwechselbaren Art geprägt, und daß er im nächsten Jahr 80 Jahre alt wird, spielt gar keine Rolle. „Es geht alles so schnell. Gestern war ich noch jung,“ sagte er an seinem 75. Geburtstag. Ja, Dietmar, es geht schnell, gestern waren wir alle noch jung und das Alter überrascht uns mehr, als wir zugeben möchten. Aber was Du in diesen 80 Jahren getan hast und gewesen bist, das können wir Dir nicht genug danken, lieber Freund. Das wird bleiben.

Elke Heidenreich/ Sept. 2005

Biografie von Dietmar Schönherr